26.7. bis 2.8. 2025 in Lychen (Nord-Brandenburg)
Worum geht es?
Vielen ist Alnion ein bekannter Begriff, mit dessen Inhalt wir allerdings kaum vertraut sind. Wir kennen Alneten eher aus Literatur und weniger aus der konkreten Anschauung. Das ist kein Wunder, denn Erlenbruchwälder sind in den Mittelgebirgen rar und bestenfalls kleinflächig (oder in den Hochlagen) verbreitet und kommen uns daher selten vor die Flinte. Wir überlegen deshalb eine Reise zu Erlenbrüchern (Alnion) durchzuführen, wo diese vergleichsweise häufig sind: z.B. im nördlichen Brandenburg. Nach unseren bisherigen Überlegungen geht der Beschäftigung mit dem Gegenstand Alnion keine These oder ausgeklügelte Vorüberlegung aus. Was uns motiviert, ist schlichte Neugier auf einen uns kaum bekannten Gegenstand. Was Vorkenntnisse und Erfahrungen angeht steigen wir also alle relativ unbedarft ein.
Aber so ganz bei Null beginnen wir dennoch nicht. Nach der vorgeleisteten Arbeit und den wenigen Eigenbeobachtungen (s. z.B. Klauck 1996, Gehlken al. 2013: 172f., Bockholmwik …) sind verschiedene Möglichkeiten der Differenzierung der Bestände erwart- bzw. denkbar. Da wären zunächst die standörtlichen, besonders die edaphischen und eben auch floristisch-soziologischen Übergänge zu den nächst verwandten Gesellschaften. Das wären auf der einen Seite die Bestände des Alno-Padion bzw. Alno-Ulmion (Erlen-Eschen-Auwälder), die im Gegensatz zu den Brüchern auf Mineralboden (Gleyen) vorkommen. Auf der anderen Seite die Bestände des Betulion (Moorbirken-Bruchwälder), die auf Übergangsmooren stocken, also über dickere Torfauflagen verfügen und entsprechend ärmer sind.
Da in den Brüchern der Wasserhaushalt (die Wasserstände) einen dominanten Standortfaktor bilden, ist ferner damit zu rechnen, dass in den Gesellschaften unterschiedliche hydrologische Verhältnisse zum Ausdruck kommen könnten. Stärker entwässerte Bestände sollten sich von dauerhaft nassen unterscheiden. Einen differenzierenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Krautschicht dürfte auch die Struktur der Baumschicht haben. So könnten durch Ernte (wohl eher selten) oder Krankheit (in den Erlen grassiert häufig eine Phytophthora-Variante) aufgelichtete Bestände gegenüber geschlossenen stark verändert sein. Und letztlich könnte man auch eine Differenzierung nach Nutzung erwarten. Dazu liegen uns bisher allerdings bestenfalls vage Hinweise vor. Einige forstliche Dokumente enthalten immerhin Andeutungen zur ehemaligen Bewirtschaftung. Es überrascht nicht, dass aus der Pflanzensoziologie zu diesem Aspekt keine brauchbaren Hinweise vorliegen (auch die klassische Forstliteratur schweigt sich zu den Erlenforsten weitgehend aus). Denn wenn schon die verbreiteten Forste vorwiegend als natürliche Wälder verhandelt werden, gilt das für die Brücher erst recht. Die sind seit langer Zeit im Fokus des Naturschutzes und stehen auf den Listen der geschützten Gesellschaften (gesetzlich geschützte Biotope, FFH-Lebensraumtypen) ganz weit oben. Tatsächlich dürften die meisten Erlenbrücher lange als Niederforst genutzt worden sein und tragen die Spuren dieser Vornutzung bis heute. Darauf – und auf kernwüchsige Neuanpflanzungen – wird zu achten sein. Vielleicht finden wir ja noch konkretere Hinweise zur (ehemaligen) Nutzung der Beständen …
Ein Mangel an Beiträgen zur Soziologie der Erlenbrücher ist übrigens nicht zu beklagen. Vor allem aus dem Nordosten liegen viele ältere Mitteilungen (Passarge bzw. Scamoni) vor. Großräumigere Übersichten aus den 1990er Jahre gibt es vor allem für Niedersachsen (Döring-Mederake, Mast). Wir müssen da also Nix neu erfinden, haben aber eine solide Vergleichsbasis für unsere Befunde.
Im Seminar dürfte allerdings das ‚Vergnügen‘, durch den Matsch zu stapfen (hoffentlich) und Mücken zu klatschen (hoffentlich nicht), im Vordergrund stehen!
Die Gegend
Lychen liegt für unsere Zwecke günstig. Die Eiszeit hat hier eine Oberfläche mit einem keinflächigen Wechsel von Endmoränen und Sandern hinterlassen, deren Senken mit Wasser gefüllt sind. Lychen selbst liegt auf einer Art Insel und ist umgeben von sieben Seen. An manchen Stellen sind die Mulden flacher und oft von Bächen durchflossen. Dort herrschen Niedermoorböden vor und hier finden wir regelmäßig Erlenbrücher.
Das Bundesland Brandenburg hat eine gut lesbare flächendeckende Biotopkartierung, in der die Bruchwälder mit einer eigenen Signatur dargestellt sind. Das erleichtert uns die vorbereitende Ortung möglicherweise lohnender Aufnahmeflächen. In unmittelbarer Nähe von Lychen sind einige Bruchwaldflächen auszumachen, darunter auch eine größere östlich der Stadt. In einem Radius von 10 km sind viele weitere Flächen zu finden, so dass die Anfahrtswege relativ kurz sein sollten. Etwas weiter südlich liegen größere Brücher an der Havel.
Termin: 26.7. bis 2.8. 2025.
Quartier
Lychen House
Familie Cato, Kirchstr. 31, 7279 Lychen
Internet: https://lychenhouse.de/
Kosten: 220 € für Übernachtung.
Weitere Informationen & Anmeldung
Literaturauswahl (vorläufige erste Sammlung)
Auerswald, B. & al. 1995: Ein Stück Landschaft – sehen, beschreiben, vergleichen, verstehen – diesmal: Bockholmwik in Angeln. Studienarbeit am Fb 13 GhK. Mskr. Kassel.
Döring-Mederake, U. (1991): Feuchtwälder im nordwestdeutschen Tiefland; Gliederung – Ökologie – Schutz. – Scripta Geobotanica 19, 122 S. & Anh., Göttingen.
Gehlken, B. & al. 2016: Turbo-Mais und Dauerwald, eine Reise in den ‚weichen‘ Fläming. NB 87: 127-184.
Klauck, E.J. 1996: Moorbirken- und Schwarzerlenforste auf nassen Standorten im Hunsrück. NB 40. S. 339-390.
Krausch, H.D. (1968): Die Pflanzengesellschaften des Stechlinsee-Gebietes. IV. Die Moore. – Limnologica 6/2: 321-380.
Mast, R. (1999): Vegetationsökologische Untersuchung der Feuchtwald-Gesellschaften im niedersächsischen Bergland – mit einem Beitrag zur Gliederung der Au-, Bruch- und Moorwälder in Mitteleuropa. – Diss, 307 S. (Archiv naturwiss. Diss. 8 / 1999; Ber. RTG 19: 174-186 / 2007)
Passarge, H. (1957): Waldgesellschaften des nördlichen Havellandes. – Deutsche Akademie Landwirtschaftswiss. Berlin, Wiss. Abh. Nr. 26. Berlin, 139 S.
Passarge, H. (1959): Vegetationskundliche Untersuchungen in den Wäldern der Jungmoränenlandschaft um Dargun/Ostmecklenburg. – Archiv f. Forstwesen 8, H. 1: 1-74.
Passarge, H. (1962): Waldgesellschaften des Eichenwaldgebietes von SW-Mecklenburg und der Altmark. – Archiv f. Forstwesen 11, H. 2: 199-241.
Passarge, H. (1966): Waldgesellschaften der Prignitz. – Archiv f. Forstwesen 15, H. 5/6: 475-504.
Passarge, H. (1986): Waldpflanzengesellschaften der Barnimtäler bei Hohenfinow. – Gleditschia 14: 181-196.
Scamoni, A. (1950): Waldkundliche Untersuchungen auf grundwassernahen Talsanden. 156 S.
Scamoni, A. (1960): Waldgesellschaften und Waldstandorte. Dargestellt am Gebiet des Diluviums der Deutschen demokratischen Republik. 326 S. (Scamoni unterscheidet hier 11(!) Untereinheiten des Carici elongatae-Alnetum).