Notizbuch 34

Pflegefälle
Mit Beiträgen von H. Bäuerle, H. Mang, W. Ring, B. Stapel. und H. Troll; B. Schürmeyer; K. H. Hülbusch, J. Koch und H. Kreikenbaum.
(1995) DIN A 5 / 216 S. 1 Tabelle. (298g) (9,00 Euro)

Die einleitenden Beiträge verhandeln einen Text zu einem IBA-Streitbuch, der den Auftraggebern dann doch zu streitbar war und deshalb in den Status eines persönlichen Angriffs erhoben wurde, sowie eine Betrachtung des Dorfrandes nach landschaftsplanerischer Manier kriisiert und richtig gestellt nach den Prinzipien der sozialen Ausbildung von Rändern, und eine Prüfung der ‚frauenspezifischen Planung‘ auf Indizien des klassischen Entwurfs mit emanzipatorischem Etikett.
Die Pflegefälle sind an zwei Beispielen verhandelt. Ein Gutachten für das Reinigungsamt der Stadt Kassel – ein Pendant zum Notizbuch 17 / ‚Pflege ohne Hacke und Herbizid‘ für das Gartenamt der Stadt Kassel – untersucht die Voraussetzungen und Folgen für die Pflege ‚vegetationsfähiger Straßenfreiräume‘. Neben praktischen Handreichungen für die Arbeit der Straßenpflege, die zur Vermeidung unnötigen Aufwandes leicht zu übertragende und zu lernende Hinweise zum Vegetationshandwerk (s. Auerswald, B. Notizbuch 29) vermittelt und den Straßenreiniger in den Stand des Vegetationskundlers setzt, werden die vielen Fälle aufgeführt, bei denen die Herstellung die Folgen für die Pflege unberücksichtigt läßt. Darin ist auch die Aufforderung enthalten, daß die Stadtreinigung ihren Einfluß auf die Herstellung der Straßenfreiräume geltend machen muß, damit die Arbeit nicht überhand nimmt und trotzdem immer erfolglos bleibt.
Heike Lechenmayr stellt die Folgen der Verwahrlosung bzw. ‚Ruderalisierung‘ der städtischen Scherweiden durch eine schematisch reduzierte Pflege dar. Pflanzensoziologisch ist dieses Phänomen in Kassel zunächst im Vergleich zwischen den Scherweiden-Aufnahmen von Kienast (1978) und den heutigen Quecken-Scherweiden­Brachen zu beweisen. Mit Verweis auf die ältere Literatur bis hin zu Pückler-Muskau kann die Autorin vegetationskundlich stichhaltig begründen, daß in diesem Wandel die Zerstörung der Gebrauchsqualität und der gärtnerischen Handwerkskenntnis gleichzeitig zum Ausdruck kommt.
Die Brauchbarkeitspflege ist eine notwendige Arbeit, ohne die kein Gebrauch auf Dauer möglich ist. Aus der Pflege werden Fälle hergestellt, wenn sowohl die Herstellung der Gebrauchsgegenstände wie die Pflege außerhalb der bekannten und bewährten Bedingungen des Gebrauchs entworfen wird, statt darauf hin bedacht zu werden.

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