Muttheorie gegen Zumutungen
Harald Mang (Red.)
(1997) DIN A5 / 225 Seiten. (310g) (7,25 Euro)
Arbeitsplatzreflexion ebenso wie die Reflexion der Arbeitssituationen werden gelegentlich bei Lehrern und Medizinern geübt. Sie folgen einer Seminarreihe, die Michael Balint eingeführt und unter dem Titel ‘Der Arzt, sein Patient und die Krankheit’ veröffentlicht hat. Ein solches ‘Balintseminar’ haben wir 1994 durchgeführt und in Mitschriften festgehalten, die in überarbeiteter und anonymisierter Form mit kommentierenden Texten und Berichten zum Studium, Lehre und Beruf ergänzt in diesem Notizbuch abgedruckt sind. Es löst Notizbuch 9 – Der Praxisschock – ab. Die Bedrohung, von den Vertretern der Hochschule gegenüber StudentInnen gerne über das imaginäre Büro und den ebenso imaginierten Auftraggeber und deren Macht eingeführt, bleibt im Büro und der Verwaltung mit veränderten Stellungskriegen erhalten. Denn diese warnenden Figuren spielen unerreichbare Mehrfachrollen, die ihnen selbst verborgen bleiben. So wird denn die Arbeit zum taktischen Kriegsschauplatz, der nach Lust und Laune mit Zinnsoldaten und Pappkameraden vollgestellt wird. Wenn das noch nicht reicht zur Einschüchterung, wird der Honorarknüppel aus dem Sack geholt, mit dem vorher nur gewunken wurde. Daß seriöse professionelle Arbeit frei sei von Zwängen und Interessen der formellen Auftraggeber, ist eine Mähr, die von opportunistischen Illusionisten immer wieder proklamiert wird, damit sie den Zwängen sich ergeben können – die Armen: ‘eigentlich’ wollten wir ja das Beste. Dafür aber muß man die Inszenierung durchschauen, die professionelle Arbeit so gut können, daß man die Beweisnot nachhalten kann. Unerschrockenheit ist keine Frage des Leichtsinns sondern der Überlegung, die einkalkuliert, daß die Planerin für den Plan, nicht aber für die politische Entscheidung verantwortlich ist. Dies und die Zumutungen zu durchschauen – auch solche die innerprofessionell legitimiert erscheinen – ist eine Voraussetzung zur aufmerksamen und erprobenden Distanz. Wer das nicht lernt, verlernt in wenigen Jahren Berufstätigkeit mehr als sie oder er vorher gelernt hatte – auch im noch so miserablen Studium.
Der Bericht vom ‘Balintseminar’ mit Kommentaren wird vervollständigt durch Beiträge von B. Burg, Ma E. Granda Alonso, J. Wohlfahrt, A. Tschirner, H. Lührs u.a.
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