Notizbuch 37

Blockrand und Stadtrand
H. Böse-Vetter (Red.)
(1995) DIN A 5 / 332 S. (462g) (12,25 Euro)

Der Stadtrand ist eine ohnehin schwierige Situation, solange er nur geographisch vom Zentrum zur Peripherie begriffen wird. Eine vollkommen irreführende oder irre geführte Beobachtung steckt darin, die vorerst präziser immer noch in der Nachbereitung des PlanerInnenseminars Miltenberg 1992 verhandelt ist. Die Beiträge von Rainer Möller und Claudia Schneider – ‚Die ökonomische Erweiterung der Stadt‘ -, von Katrin Bekeszus – ‚Ein Plan von Kirchditmold‘ – und Bernd Schürmeyer – ‚Freiraumrahmenplanung für den nördlichen Stadtrand von Großalmerode‘ – gehen implizit auf die Diskussion des ‚Stadtrandes‘ und seine Be- bzw. Mißachtung bei der Siedlungserweiterung ein. In diesen Arbeiten wird dargelegt, daß die Beachtung oder die Vernachlässigung der Hufensiedlung praktische und kommunalökonomisch weitreichende Folgen zeitigen. Reto Mehli – ‚Der Baublock- wiederentdeckt und doch verwirrend neu‘ – führt an Aufnahmen von Baublöcken aus Zürich eine Systematik der Baublöcke durch, die Typen und Variationen der Baublöcken mit charakteristischen Merkmalen der Organisation nachweist und in Prinzipskizzen anschaulich macht. Dazu führt der Autor eine üppige literarische Kommentierung durch. Ein Gedanke ist, wie weitere Überlegungen zum Baublock anregten und in den vorgenannten Arbeiten dieses Notizbuchs ausgeführt wurden, dabei vernachlässigt worden. Was wir heute sehen können ist ein Baublock oder im modernistischen Extremfall eine Blockrandzeile. Das ‚verwirrend Neue‘, auf das auch Georges Moes mit seinem Beitrag -‚Neue Gründerzeit‘ – hinweist, besteht darin, daß der klassische Block aus Hufenerweiterungen hergestellt wurde und der moderne Block von der Fläche her inszeniert wurde. Die Hufenerweiterung hat die Straße zum Ausgang, an deren Rand gebaut wurde. Der Block ist ein sekundäres Phänomen. Der verwirrend neue Block erklärt die Straße zum Rand, weil von der arrondierten Fläche her gedacht wird. Deshalb kann in einem solchen Block auch auf die Straße verzichtet werden, weil die Zeile, unabhängig von der Aufstellung der Gebäude, und die arrondierte Fläche dem Entwurf zur Grundlage dienen. Der Verwirrung kommen wir nach, wenn wir den Blockrand nicht mehr glauben, weil die Erscheinung in einem Fall sekundär im anderen primär ist. Die Mitte der Hufensiedlung ist die Straße, gegenüber stehen sich zwei Häuserreihen. Die Grenze oder der Rand dieser Hufen liegt auf der Rückseite – also da wo die Rückseite der Hufe einer anderen Straße angrenzt. Die ‚Verwirrung‘ liegt an einer Stelle der begrifflichen Vereinnahmung, die wir bisher noch nicht verstanden, durchschaut hatten. Christoph Theiling resümmiert über das Studium und die darin enthaltenen Widersprüche und Verwirrungen mit der Metapher des Reihenhauses, also der Hufensiedlung, die dem Block (oder dem Bündnis) der emotionalen Vereinnahmung gegenübersteht.

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Notizbuch 24

Die Grünplanung im Gefolge der Stadtplanung und
Der Landschaftsplan für die Stadt
AutorInnenkollektiv unter anderem mit H. Grundler, H. Lührs, H. J.  Stolzenburg (Red.: H. Lührs)
(1992) DIN A5, 240 S. (316g) (9,00 Euro)

H. Lührs hat eine überarbeitete Kurzfassung der Diplomarbeit von Grundler, Lührs, Stolzenburg (1984) für den Druck vorbereitet. In der Arbeit wird dargestellt, welche Möglichkeiten es gibt, von der Siedlungstypenkarte im groben Maßstab (1:10000) über großmaßstäbliche Beispiele (1:5000/1:2000) und der expliziten Darstellung typologischer (materieller) Merkmale (-1:100) einen konkret nachvollziehbaren Darstellungsmaßstab und konkrete Planungsvorschläge wieder zu generalisieren (typisieren). (Übrigens ist die Siedlungstypenkarte aus dieser Arbeit im Landschaftsplan ‚Zweckverband Raum Kassel‘ ohne Zitat, also geklaut abgedruckt). Der Maßstab 1:1 ist in der Abstraktion nunmehr enthalten und nicht zu vergessen. Die Generalisierung der Beispiele gelingt über den Rückgriff auf die Siedlungstypendarstellung, die jetzt im Sinne eines Plans mit einer Legende versehen wird.
‚Die Grünplanung im Schlepptau‘ – redigiert von Willi Ring und Urta Steinhäuser – zeichnet die Geschichte der Grünplanung, die mit dem Landschaftsgarten beginnt und mit den ersten städtischen Gartenbaudirektoren (1830 – 1850) administrativ zementiert wird, nach. Die ‚Geschichte‘ verläuft unabhängig von formalistischen Moden, was den kompensatorischen Habitus der Grünplanung und Gartenarchitektur seit der Aufklärung nachweist und diese beiden Modefächer zur Postmoderne per se – zur postmodernen Disziplin stempelt, ziemlich umstandslos und linear. Eindrucksvoll, wie einig sich Sozialisten und Kapitalisten, Kommunisten und Faschisten sind, wenn es darum geht, den Menschen die ‚Autonomie im Wohnen‘ vorzuenthalten und mit Hilfe der grünplanerischen Propaganda durch Mietskasernen, Aufmarschplätze und schauerliche Ertüchtigung und Verlustigung zu ersetzen. Es ist keine der üblichen historiographischen Mäusetürmereien, sondern eine Geschichte, in der die Verheißungen, die Produkte und die Folgen bzw. Auswirkungen vorgestellt und kommentiert werden.

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Notizbuch 22

Der große Ent-Wurf präsentiert Grünplanung
Schwarze B., H. Trust, S. Rühling & B. Helmrich
(1991) DIN A 5, 184 S. (252g) (7,25 Euro)

Die konventionelle Grünplanung ist hinsichtlich der verschwiegenen Voraussetzungen ausnehmend modisch. Der Entwurf für einen Stadtplatz folgt unausgesprochen den gleichen Vorbehalten wie sie für sog. Ökosiedlungen unbewußt ausgesprochen und wieder zum Vorbehalt werden. Zum Vorbehalt, bei dem die NutzerInnen der Gestaltung bzw. der Ökologie im Sinne einer unumstößlichen technischen Größe willenlos zuzustimmen haben. Die Autorinnen prüfen die Beispiele mit professionellem wie feministischem Repertoire der Kritik auf die Stichhaltigkeit der Behauptungen. Es ist schon spannend zu lesen, wie die Kritik von einer gestandenen freiraumplanerischen Position her geführt wird und auf die praktischen Vorgehensweisen – Planung statt Entwurf – schließt.

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