Notizbuch 55

In guter Gesellschaft. Beiträge zur Pflanzensoziologie, Vegetations- und Landschaftskunde (Teil 2)
K. H. Hülbusch (Red.)
(2000) DIN A5 / 356 Seiten. (518g) (15,25 Euro)

Die 18 Beiträge reichen von der Vergesellschaftung dieser oder jener Art, Nachlesen zu bekannten Pflanzengesellschaften, über vergleichende Betrachtung der Dynamik, räumlichem Nebeneinander und zeitlichem Nacheinander verschiedener Pflanzengesellschaften – Stadtvegetation, Feldgraswirtschaft, Versaumungen, Dünenserie, Calluna-Zwergstrauchheiden – bis zur Analyse der botanistischen Willkür der Feststellung legitimierter oder illegaler Assoziationen, Verbände, Ordnungen und Klassen unter dem Titel ‚Klassenlotterie’ (B. Gehlken). Unter diesem Motto stehen vom Vorwort bis zu den Buchbesprechungen alle Beiträge des Notizbuches. Ob jetzt das ‚knollige Rispengras in Scherweiden’ (G. Moes u. B. Sauerwein), die Riesenbärenklausäume (M. Machatschek), die ‚Prüfung gealterter Aussaaten auf wassergebundenen Decken (H. Mölleken), das ‚Knautietum dipsacifoliae im französischen Jura’ (E. J. Klauck), die ‚Stadtvegetation von Paderborn’ (K.H. Hülbusch), die ‚Feldgraswirtschaft’ (P. Kurz), ‚Versaumungen in Bockholmwik’ (B. Gehlken, M. E. Granda Alonso, P. Kurz) oder die ‚Dünenserie in Bockholmwik’ (F. Florin) vorgestellt werden, immer sind die Beiträge sorgfältig nach der Neugier, der pflanzensoziologischen Abbildung und Systematisierung, Einfügung in den Wissensbestand, die Interpretation zur Geschichte des Phänomens und die Auslegung geordnet. In keinem Beitrag kommt der Kratzfuß an einen ‚Auftraggeber’ und dessen normative Interessen vor. Dafür aber selbst im ‚kleinsten’ Beitrag neben der sorgfältigen Ordnung der Diskussion eine jeweils üppige Vergleichung mit vorhanden Kenntnissen aus literarischen Quellen. Der LeserIn ist zu empfehlen, ganz im Gegensatz zur redigierten Reihenfolge, mit der ‚Klassenlotterie’ – Pflanzensoziologie zwischen Vegetationskundigkeit, Formalismus und Technokratie – von B. Gehlken zu beginnen. Was in den anderen Beiträgen nur angesprochen oder gar selbstverständlich wissend vorausgesetzt wird, ist in dieser Untersuchung ausführlich dargelegt: das Hinsehen, die Neugier der Gegenstandskenntnis und des Gegenstandsverständnisses der Abbildung, dem systematischen Vergleich und der verschiedenen Gattungen des Schreibens in einer Darlegung. Im Gegensatz dazu wird der pflanzensoziologische Ökologismus, die ‚Wissenschaft im Dienste des Auftraggebers und der Geldquelle’, die ‚Klassenlotterie’ mit bemerkenswerten Beispielen positivistischer Willkür analysiert.

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Notizbuch 54

Gute Bau-Gründe
H. Böse-Vetter & K.H. Hülbusch (Red.)
(2000) DIN A5/296 Seiten. (432g) (13,25 Euro)

Gute Bau-Gründe gibt es viele, wie man bereits bei J. F. C. Turner 1978 nachlesen kann. Wer dann auch noch dort zuhause (Bausinger , H. 1980) sein will, wo er baut oder kauft, der ist mit einem Haus gut beraten. Wer spekulieren will, kann sich immer noch im Verscherbelungsfundus der Wohnungswirtschaft, egal ob ‚Gemeinnützige‘ Wohnungsbaugesellschaften (vgl. Günther, R. 1982), Treuhand oder Privat-Investoren bedienen, und darauf vertrauen, daß die Rechnung dank Förderung, Sonderabschreibungen und sonstigen Subventionen unterm Strich aufgeht. Die Rechnung für Fehlschläge zahlen in der Regel ohnehin die Mieter. Die Wohnungswirtschaft ist unter der Voraussetzung externer staatlicher Bezuschußung durchaus ein einträgliches und lukratives Geschäft, bei dem der permanente Bankrott nur deshalb nicht auffällt, weil die Fehlschläge aus öffentlichen Mitteln beglichen werden. Die Spekulation geht aber nur auf, solange Knappheit herrscht, bzw. diese künstlich aufrechterhalten wird, denn Zeiten eines entspannten Wohnungsmarktes sind immer auch die Phasen des Leerstandes, der Verwahrlosung der Wohnungswirtschaft, so daß in solchen Phasen der wohnungswirtschaftlichen Baisse der Markt der Nach- und Wohnumfeldverbesserung blüht. Obwohl es innerprofessionell zum guten Ton gehört, jeweils in das Gejammer um die schlechte Auftragslage und die Aquisitionsschwierigkeiten einzustimmen, wechseln die Gegenstände zyklisch von der Objekt- und Ausführungsplanung im Zuge von Neubau hin zu vergleichbaren Aufträgen im Zuge des Umbaus und der Nachbesserung. Seit den 20er Jahren sind die Arbeitsplätze und die Aufträge von Architekten und ebensolchen in Grün dauerhaft in den Entwürfen perpetuiert. Es gibt wohl kaum ein Berufsfeld, was derart konsequent von permanenter Nachbesserung ihrer eigenen Produkte lebt, wie die Architektur und Grünplanung, und das auf Kosten derer, die da wohnen. Dabei gäbe es, durchaus brauchbare und bewährte Vorbilder, nämlich das Haus in einer „Haushufenerweiterung“ (Beekmann et al. 1996), die man kopieren könnte, ohne irgendetwas neu erfinden zu müssen (Culot 1986). Daß das brauchbarer, ökonomischer und ertragreicher ist, wird anhand zahlreicher Einzelbeiträge debattiert und dargestellt, quasi eine professionelle Schützenhilfe in guten Bau-Gründen. Die fiktiven Zweifel und Vorwände der Modernisierer gegen das Haus und eine Straßenerweiterung fußen in erster Linie auf der Unkenntnis des Gegenstandes. So nachzulesen bei den Architekten (Gropius et al.), der Grünplanung (vgl. Däumel, G.‘s Kritik zu J. Jacobs ) oder der Soziologie (M. Steinrücke & F. Schultheis in P. Bourdieu & al.). Zynischerweise sind dabei die lautesten Gegner des Hauses immer schon die gewesen, die über ein solches verfügten.

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Notizbuch 53

Alle reden vom Land … und andere Texte zur Landschaftsplanung
K. H. Hülbusch
(1999) DIN A5 / 232 Seiten. (342g) (11,50 Euro)

Wer als Städter aufs Land geht, schult seinen Blick am besten darin, in den Landschaften durch die er fährt oder wandert, die Spuren der Arbeit zu sehen, denen die Landschaft ihr Aussehen verdankt. Wenn R. Tüxen 1974 das Ziel der Vegetationskunde darin sieht, das Verstehen der Vegetation aus der Anschauung heraus zu ermöglichen dann ist die „pflanzensoziologische Spurensicherung“ von K.H. Hülbusch von 1986 eine nachvollziehbare Wegbeschreibung dahin. Die Handschrift, die hier trägt, versammelt an allen Gegenständen die Neugier (E. Jaeggi, 1986), das Wissen und die Routine des Vegetationskundlers, solide in der Arbeit und sparsam im Material. Das Heft ist also auch eine Sammlung zum Handwerk des Vegetationskundlers, an dessem Ende als Ertrag Verstehen, also ein Reichtum an Einsichten steht. Die Arbeiten sind damit durchaus nicht zeitgeistgemäß, zumindest nicht derart, daß sie die modernistische computergstützte Datensammelei hofieren, die am Ende mit einer pauperisierten Gedankenleere aufwartet. Das fällt auch in der Sprache der Texte auf, die anders als die Gedankenhetzerei innerhalb der gängigen Forschungslandschaft, die vom permanenten Konkurs, vom Abfrühstücken und dem permanenten Stellungswechsel lebt, man braucht dazu nur die schnellebige Modernisierung der Sprüche von ökologisch, regional, nachhaltig, frauenspezifisch, …usw. herzunehmen, erfrischend altertümlich nachgedacht sind und sogar gelesen werden können. Zum Beruf des Vegetationskundlers gehört neben der Sorgfalt der Beobachtung und Beschreibung, der Erinnerung auch ein „Gespür“ (Høeg, P. 1990) für die Gegenstände und die Richtung in der sie einsichtsreich gewendet werden können. So reichen die Wurzeln jüngerer Arbeiten zum Grasland und zum Grünland weit zurück bis zum abgedruckten Text von 1969 zum Poo-Rumicetum obtusifolii Hülb.69. Das heute flächenhafte Phänomen der landwirtschaftlichen Grasland-Ackerei tauchte 1969 erst als Randphänomen längs von Flüssen oder hochgedüngten Wirtschaftsflächen auf. Der rote Faden späterer Fragestellungen und Einsichten wird in dieser frühen Arbeit bereits angelegt. Die bürokratische Fraktion innerhalb der Pflanzensoziologie hat das Phänomen damals wie heute ebenso übersehen und verdrängt (vgl. Prodomus der Grünlandgesellschaften von Dierschke 1998), wie ihren eigenen Anteil an der Modernisierung des Primärproduktion auf dem Land. Das Schicksal der Kassandra ist die Weitsicht, geboren aus der Kenntnis der Geschichte, wohingegen die Ungläubigkeit der Modernisierer und Gegenmodernisierer (P. L. Berger, B. Berger, H. Kellner) Ergebnis der Unkenntnis der Geschichte der gegenwärtigen Erscheinungen ist. Nur wenn die Folgen der bisherigen Etappen der Modernisierung professionell verdrängt werden, können die Verheißungen einer besseren Zukunft auch weiterhin verkündet werden (Berger, J.). Das ist innerhalb der Wissenschaft nicht anders, als in den politischen Landschaften, die regelmäßig übersät ist mit Gedächnislücken quasi kognitiven ‚schwarzen Löchern‘ angesichts der Überprüfung schwarzer Konten. Planerische Prognosen auf der Basis der Prüfung von Folgen und Konsequenzen sind in den Augen von Modernisierern immer ‚subversiv‘ (P. L. Berger & H. Kellner 1984), weil ihnen weniger am Geschäft bzw. der Legitimation offizieller Deklarationen gelegen ist, denn am Verstehen. Der Blick, den die hier versammelten Arbeiten eröffnen, ist immer von der Neugier des Städters geprägt, der auf dem Land nach Bekanntem und Verstehbarem sucht, also immer auf der Basis des mitgebrachten Wissens und der Kenntnisse den Blick für die Arbeit und ihre Produkte schult. Professionell eine unumgängliche Voraussetzung der Sympathie für Land und Leute. Denn nur wer den Alltag und die Arbeit ernst nimmt und versteht, kann Rat geben ohne zu verraten (S. Groeneveld) und den eiligen Verheißungen des Fortschritts auf dem Lande (K. H. Hülbusch & D. Lecke 1975) widersprechen.

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Notizbuch 52

Gagel, Speik und Wegerich. Beiträge zur Landschafts- und Vegetationskunde
F. Bellin, B. Gehlken, K. H. Hülbusch, F. Lorberg, St. Novak, R. Plath, M. Poguntke, K. Protze, H. Weide.
(1999) DIN A5/220 S. (328g) (11,50 Euro)

Eine bunte Sammlung vegetationskundiger und landschaftsplanerischer Texte. Der Auftakt bildet die immer noch aktuelle Arbeit von K.H. Hülbusch zum Landschaftsschaden als Phänomen der Kulturlandschaft von 1967. Hier ist im wesentlichen der rote Faden landschaftsplanerischer Arbeit vorgedacht, Landschaft als Ausdruck der sie bedingenden und verändernden Aneignung durch den Menschen (Wittvogel, K.A. 1939). Gleichzeitig wird deutlich, wie Landespflege und Naturschutz marktschreierisch mal den ‚Schaden‘ verhindern, dann Rekultivieren, zur ‚Natur aus zweiter Hand‘ deklarieren, die dann als erhaltenswertes Phänomen stabilisiert werden soll oder aber in postmodernen Zeiten ebenso bedeutungsschwanger, wie ahnungslos in ein ästhetisiertes ‚land art‘ und ‚environment‘-project verwandelt wird. „Nur oberflächliche Menschen mißtrauen der sichtbaren Oberfläche der Dinge. Das Geheimnis liegt im Sichtbaren und nicht im Verborgenen“ hat Oscar Wilde mal geschrieben. Und so sind die Beiträge des Heftes dem Sehen (Giono, J. 1976) und dem Sichtbaren gewidmet, aus dem heraus ein Verstehen möglich ist. Gemessen an der traumtänzerischen professionellen Blindheit, die nicht sieht, aber immer auf der Suche nach fiktiven Tiefen ist, versammeln die vorliegenden Arbeiten solide vegetationskundige Beobachtungen und Bescheibungen, an die jeweils die Neugier des Verstehens geknüpft ist. Die Gegenstände wechseln, und sind z.T. ebenso schillernd, wie scheinbar exotisch. So reicht die Spanne der Texte von ‚profanen‘ Gegenständen, wie dem Grünland, dem Forst und dem Wald oder der unbeabsichtigten Vegetationsausstattung eines Stücks Straße, bis hin zu ausgefalleneren Kulturen und Phänomenen, wie etwa Speik, Oliven oder Gagel. So unterschiedlich die Gegenstände sind, so ist doch allen Texten gemeinsam, daß sie das Exotische im Licht des Bekannten betrachten und im Verstehen die Welt und ihre Erscheinungen einfacher darstellen (E. Erikson) anstatt sie zu verkomplizieren und zu partikularisieren (Tüxen, R.).

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Notizbuch 51

Buchstützen
K.H. Hülbusch (Red.)
(1999) DIN A5 / 204 Seiten. (314g) (11,50 Euro)

„Man sitzt irgendwo herum, hat erst mal eine kleine Bibliothek, noch einige Lücken der Versiertheit und ist bei der planerischen Arbeit auf eine Dissonanz gestoßen, die nicht einfach beiseite geschoben werden kann. Oder man will sich einfach mal von einem Gegenstand, der einem nicht so geläufig ist, eine Übersicht verschaffen. Was wohl wäre da besser geeignet als eine Bibliographie – ein Buch über die Bücher.“ (K. H. Hülbusch) So sind im Heft Buchstützen gleich drei Bibliographien versammelt. Einmal der längst überfällige Registerband zu Notizbuch 1-48 von R. Spreter, nach AutorInnen und Themen, so daß einzelne Beiträge rasch aufzufinden sind, oder gezielt zu einem Thema ein Überblick gewonnen werden kann. Die zweite Bibliographie von B. Gehlken und K. Protze erschließt den Fundus an weitgehend unveröffentlichten studentischen Arbeiten (BPS-Berichten, Diplom-, Projekt- und Studienarbeiten) aus rund 25 Jahren Lehre und Lernen von und mit K. H. Hülbusch. Im normalen Sprachgebrauch ist das ‚graue‘ Literatur, die gemeinhin an allen Hochschulen verschämt hinter Schloß und Riegel gehalten oder nur ‚unter der Hand‘ weitergereicht wird, weil anders als in den geschönten ‚Veröffentlichungen‘, den ‚Arbeitsberichten‘, Schriftenreihen,…etc. die quasi die offizielle Fassade von Forschung und Lehre nach aussen darstellen, die reale Leere der Lehre als latente Seite (Berger  & Kellner) der Hochschulen verborgen bleibt. Die Bibliographie eröffnet einen Zugang zu diesem Teil, der alltäglichen Hochschularbeit und ihren Produkten, quasi der Hausarbeit innerhalb der Lehre, die so gerne angesichts der externen Reputierlichkeit und der Lukrativität von Drittmittelforschung und Büroprofessorerei unter den Tisch fallen gelassen wird. Den dritten Teil bildet die Grünlandbibliographie von H. Lechenmayr. Eine wohlsortierte und kommentierte Auswahl an Literatur zu den Etappen der Intensivierung des Grünlandes zum Grasland, wie sie etwa in den Arbeiten von H. J. Stolzenburg 1989; B. Ledermann 1989; H. Lührs 1994 und B. Gehlken 1995 u. a. verhandelt sind.

Notizbuch 50

Notizbuch
vergriffen

Ein Notizbuch der gesammelten, in den bisherigen Heften redaktionell eingesparten leeren Seiten, für eigene Notizen zu verwenden.

Notizbuch 49

Ruderalvegetation Ökologie & Ethnoökologie, Ästhetik und „Schutz“
Gerhard Hard
(1998) DIN A5 / 396 Seiten. (522g) (12,25 Euro)

Der Gegenstand ist die triviale Vegetation der Stadt, das, was wild, von selbst wächst (K.H. Hülbusch, 1978). Im Kontext städtischer Grünpflege und Straßenreinigung bedeutet das in der Regel Unkraut, selbst wenn sein Zustandekommen als Ausdruck der Unpflegbarkeit und Unbrauchbarkeit der Produkte erst durch die Entwürfe der Stadtplaner und Gartenarchitekten in die Welt gesetzt ist (vgl. auch Notizbuch 17 und 34). Als Geograph und vegetationskundlicher ‚Etnologe‘ macht sich Gerhard Hard in heimischen Gefilden auf, frei nach dem Schmitthüsen’ schen Motto den ‚geistigen Plan‘, die kulturlandschaftliche Seite der städtischen Vegetation zu entdecken. Im Zentrum der Arbeit steht eine alte Liebe des Autors, die Mäusegersteflur, das Hordeetum murini. Diese prototypische Vegetation der städtischen Ränder, Restflächen, Gärtnerbeete,.. usw., die vertraut und bekannt ist, weil sie einem auf Schritt und Tritt begegnet, ist der Ausgangspunkt der Hard’schen Erzählungen und Recherchen. Dazu gehört im Kontext städtischer Freiräume die administrative Pflegegeschichte, ihr Modenrepertoire und das immer wiederkehrende Herumschustern als Versuch der Stabilisierung des Unhaltbaren. Als neueste Variante grünplanerischen Unverständnisses führt Hard das naturschützerisch ambitionierte Possenstück der ‚Unkrautpflege‘ – mit Hacke und Herbizid – im Freilichtmuseum vor, bei dem der Kampf dem bösen Unkraut zum Schutz des guten Unkrauts ebenso erbarmungslos wie erfolglos gefochten wird. Professionell betrachtet ist G. Hard in gewissem Sinn ein Wanderer zwischen den Welten, der immerhin den Blick auf die freiraumplanerisch-vegetationskundige Debatte von K.H. Hülbusch und der ‚Kasseler Schule‘, aus deren Fundus ein Gutteil der Überlegungen gespeist ist, nicht ganz unterschlägt, wie das ansonsten (siehe Sukopp et al. 1998) innerprofessionell der Fall ist. Ganz nach dem, was M. Balint 1964 mal für seine Arbeit und deren innerprofessionelle Rezeption formuliert hat: „Man kennt uns, man liest uns, aber man zitiert uns nicht.“ Gemessen an der pflanzenbürokratischen Sprachlosigkeit, welche die literarische Landschaft des Themas gemeinhin ziert (siehe etwa „das einzige deutschsprachige Fachbuch zum Thema Stadtökologie von Sukopp, H. und Wittig, R. (Hrsg.) von 1998), hält Hard’s Werk über weite Strecken eine witzige und geistreiche Debatte vor, die mit fast 400 Seiten allerdings um feuilletonistische Längen nicht umhinkommt.

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Notizbuch 48

Muttheorie gegen Zumutungen
Harald Mang (Red.)
(1997) DIN A5 / 225 Seiten. (310g) (7,25 Euro)

Arbeitsplatzreflexion ebenso wie die Reflexion der Arbeitssituationen werden gelegentlich bei Lehrern und Medizinern geübt. Sie folgen einer Seminarreihe, die Michael Balint eingeführt und unter dem Titel ‘Der Arzt, sein Patient und die Krankheit’ veröffentlicht hat. Ein solches ‘Balintseminar’ haben wir 1994 durchgeführt und in Mitschriften festgehalten, die in überarbeiteter und anonymisierter Form mit kommentierenden Texten und Berichten zum Studium, Lehre und Beruf ergänzt in diesem Notizbuch abgedruckt sind. Es löst Notizbuch 9 – Der Praxisschock – ab. Die Bedrohung, von den Vertretern der Hochschule gegenüber StudentInnen gerne über das imaginäre Büro und den ebenso imaginierten Auftraggeber und deren Macht eingeführt, bleibt im Büro und der Verwaltung mit veränderten Stellungskriegen erhalten. Denn diese warnenden Figuren spielen unerreichbare Mehrfachrollen, die ihnen selbst verborgen bleiben. So wird denn die Arbeit zum taktischen Kriegsschauplatz, der nach Lust und Laune mit Zinnsoldaten und Pappkameraden vollgestellt wird. Wenn das noch nicht reicht zur Einschüchterung, wird der Honorarknüppel aus dem Sack geholt, mit dem vorher nur gewunken wurde. Daß seriöse professionelle Arbeit frei sei von Zwängen und Interessen der formellen Auftraggeber, ist eine Mähr, die von opportunistischen Illusionisten immer wieder proklamiert wird, damit sie den Zwängen sich ergeben können – die Armen: ‘eigentlich’ wollten wir ja das Beste. Dafür aber muß man die Inszenierung durchschauen, die professionelle Arbeit so gut können, daß man die Beweisnot nachhalten kann. Unerschrockenheit ist keine Frage des Leichtsinns sondern der Überlegung, die einkalkuliert, daß die Planerin für den Plan, nicht aber für die politische Entscheidung verantwortlich ist. Dies und die Zumutungen zu durchschauen – auch solche die innerprofessionell legitimiert erscheinen – ist eine Voraussetzung zur aufmerksamen und erprobenden Distanz. Wer das nicht lernt, verlernt in wenigen Jahren Berufstätigkeit mehr als sie oder er vorher gelernt hatte – auch im noch so miserablen Studium.

Der Bericht vom ‘Balintseminar’ mit Kommentaren wird vervollständigt durch Beiträge von B. Burg, Ma E. Granda Alonso, J. Wohlfahrt, A. Tschirner, H. Lührs u.a.

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Notizbuch 47

Ich gehe raus und bin doch zu Haus
Inge Meta Hülbusch
(1997) DIN A5 96 Seiten. (142g) (5,00 Euro)

In gut 20 Jahren hat die Autorin viele Texte verfaßt und Nachdenklichkeiten zur Freiraumplanung, zu ‘Innenhaus und Aussenhaus’ und zum ‘Expertentum im Alltag’ geschrieben, vorgetragen und veröffentlicht. Sie hat die Debatte zur Freiraumplanung geprägt und den opportunistischen Widerstand der Grünplanung, die im Städtebau und der Architektur machtvoller formuliert werden, bis hin zu permanenten Berufsverboten herausgefordert. Irgendwo intervenieren die ‘Städtebauer’ schon immer. Aus der subsitentiellen Arbeits- und Lebenserfahrung der Familienfrau, die professionell bewandert und kenntnisreich informiert ist, formuliert sie Fragen, die Antworten enthalten, ohne sie gleich ‘verfügbar’ zu machen. Dazu gehören auch die Gedanken zu ‘den Gärten der Anderen’, seien es die herrschaftlichen Gärtnerinnen oder die tüchtigen Gärtnerinnen des Alltags, von denen die Privilegierten kurze Zeit später abgekämpft und damit abserviert werden – literarisch, weil der Vorwand den ‘Grund’ nicht erreicht und wieder einmal die ‘Grimmigen’ hofiert. Nicht zuletzt sind die Kommentare einer ‘ungehaltenen Professorenfrau’ (s. Gummert, M. 1979 / Kursbuch 58), die gute Miene zum bösen Spiel der Sippenhaft über den Mann, mit dem sie verheiratet ist, zu ertragen hat, zu ewähnen. Es ist doch ärgerlich für beide Seiten, wenn bei jeder Tätigkeit der ‘Mannraum’ aufgetischt wird. Die profesionelle und antiaktionistische Debatte zum Widerstand gegen AKW’s und Atomindustrie sowie die städtebauliche Zerstörungen des Alltags kommt in der Nachlese vielleicht etwas zu kurz, weil die Texte dazu von der zur Zeit bekannten Aktion geprägt sind und umfangreiche Vorbemerkungen erfordern, damit die Situation wieder virulent wird. ‘Innenhaus und Aussenhaus’, das wir hier nicht in Auszügen abdrucken, weil es noch im Original zu erwerben ist, gehört zu den Standardwerken der Freiraumplanung.

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Notizbuch 46

Das Maß der Dinge Prüfungsreden 1994/1995
Andrea Appel (Red.)
(1997) DIN A5 / 248 Seiten. (332g) (9,00 Euro)

„Wenn du etwas wissen willst und es durch Meditation nicht finden kannst, so rate ich dir, mein lieber, sinnreicher Freund, mit dem nächsten Bekannten, der dir aufstößt, darüber zu sprechen. Es braucht nicht eben ein scharfdenkender Kopf zu sein, auch meine ich es nicht so, als ob du ihn darum befragen solltest: nein! Vielmehr sollst du es ihm allererst erzählen” (Kleist, H. v. 1806/1985: 319ff.)
Prüfungen sind ein ‘kluges Unternehmen’, wenn wir sie mit H. v.  Kleist’s Unterstützung im Sinne eines Seminars, einer Lehrstunde, eines aufmerksamen Gesprächs einzurichten wissen. Wie in Notizbuch 21 und Notizbuch 30 sind auch in diesem wieder Beiträge zu verschiedenen Gegenständen und Aufgaben der Freiraum- und LandschaftsplanerIn sortiert und versammelt.

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