Notizbuch 92 der Kasseler Schule: Vegetationskunde unplugged

Redaktion: Bernd Gehlken,
Henrike Mölleken & Bernd Sauerwein A5, 230 Seiten+Tabellenanhang, 18,00 Euro/Abo 15,00 Euro

Inhalt
Booklet: Vegetationskunde unplugged
Bernd Gehlken & Bernd Sauerwein
Ein vegetationskundlicher Spaziergang auf der Alp Zanutsch
Bernd Gehlken
Alpendost-Hochstaudenfluren und Grün-Erlen-Gebüsche
(Betulo-Adenostyletea)

Bernd Gehlken*, Peter Kurz*, Maximilian Lübben, Michaela Puhr,
Eva Rechberger und Bernd Sauerwein* (*Redaktion)
Illyrische Kalkbuchenforsten und deren Ersatzgesellschaften
in der Vellacher Kotschna

Norbert Kerschbaumer & Peter Kurz
Trittgesellschaften auf La Gomera
Bernd Sauerwein
Cardiospermum grandiflorum-Schleierfluren auf La Gomera
Bernd Sauerwein
Beitrag zur Kenntnis des Torilidetum japonicae Lohmeyer ex Görs &
T. Müller 1969

Bernd Gehlken
Vom Kopf auf die Füße. Induktive Waldrandtypisierung
Bernd Gehlken
Die Magie der Zahl: Eine method(olog)ische Kritik an Ellenbergs ökologischen Zeigerwerten
Bernd Gehlken                                                                                     
Das Wirken Reinhold Tüxens und anderer Pflanzensoziologen in der Zeit von 1933 bis 1945
Bernd Gehlken
Die alte Brache. Rezension von Fred Pearce 2016: Die Neuen Wilden
Bernd Sauerwein

Notizbuch 40

Freiraum und Vegetation
Helmut Böse-Vetter (Red.)
(1996) DIN A5 / 428 Seiten. (572g) (12,25 Euro)

In der Normalarbeit geht, wenn man nicht aufpaßt, sehr bald die Neugier und damit die Fähigkeit des Wissens verloren. Deshalb ist es hilfreich, gelegentlich daran zu erinnern und einen Text zu schreiben, der nicht ausschließlich der Normalarbeit und dem Alltagsärger gedient ist, sondern diesen reflektiert, dem damit abhilft und gleichzeitig das Gespräch mit dem ‚Wissensvorrat der Diziplin‘ – sozusagen ein stiller Partner in der Situation – wieder explizit aufnimmt. Auch die imaginäre LeserIn, der ich meine Geschichte und die Einsichten daraus erzähle, fordert die sorgfältige und vollständige Darlegung der Begebenheit und der Lehren; allerdings nicht so, wie der bürokratische und praxologische Vorwand, der aus einer Begebenheit eine privatistische Anektode mit endgültigem Beweis macht, statt daran den klügeren Weg zu klären: die Moral von der Geschicht. E. Panofsky hat einen süffisanten Text zur ‚Verteidigung des Elfenbeinturms‘ geschrieben. Gelegentlich von der Arbeit, aus dem Gewühl zurückzutreten, Distanz zu gewinnen und die Situation des kritischen Beobachters einzunehmen zur sorgfältigen Abbildung des Gegenstandes, der Arbeit und der Interpretation des Ereignisses oder Ertrages.
Je nach Arbeitssituation, drängenden Fragen oder Abbildungs-/Beschreibungsnotwendigkeiten sind Arbeiten zur Freiraumplanung – Sozialpsychologie (s. Walzer, M 1993), kommunalen und privaten Organisation, Reihung und Zonierung, materiellen Herstellung, Ausstattung und Alterungsfähigkeit – zur handwerklichen Planung und Ausführung – spontane Vegetation, wassergebundene Decken, Ökonomie der Materialverwendung, Bäume/ Pflanzung, Herstellung und Fertigstellung – zur Naturausstattung – städtische spontane Vegetation, Pflegevegetation, Vegetation der Bauernwirtschaft, Vegetation der Landwirtschaft – oder zur Landschaftsplanung in diesem Notizbuch zusammengetragen. Die Kritik der Grünplanung und der Landespflege läuft angedeutet oder explizit neben dem Strom der Diskussion nach der interpretatorischen Gewährsliteratur, also Literatur und Botschaften, von denen es etwas zu verstehen, einzusehen gibt, mit. Eine Sammlung von Beiträgen, die viele Arbeiten aus der Kasseler Schule aufnehmen, zusammenfassen und fortführen. Hinzu kommen noch einige Übersichten zu Veröffentlichungen, Kompaktseminaren, PlanerInnenseminaren und anderen ‚Einrichtungen‘ der AG Freiraum und Vegetation.

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Notizbuch 31

Pater Rourke’s semiotisches Viereck. Acht vegetationskundliche Beiträge zur Landschaftsplanung
H. Lührs (Red.)
(1993) DIN A 5 / 220 S. (314g) (9,00 Euro)

Die Pflanzensoziologie ist mit den Aufträgen der Naturschutzadministration ins Fahrwasser floristisch-ökologischer Kurzatmigkeit manövriert worden. Die ehemals offen und relativ unzensierten Periodika für die Veröffentlichung pflanzensoziologischer und vegetationskundlicher Arbeiten werden heutzutage im Sinne von Hofberichten und Werbeschriften redigiert und eingesetzt. Bei der Zurückweisung von Beiträgen wird nach altbekannter Manier i.d.R. der Stil – was immer das sei – zum Vorwand genommen. Zum Beweis haben wir ein Schreiben von D. Kornek (Bundesamt f. Naturschutz und Landschaftsökologie) an E.J. Klauck – nachrichtlich an Prof. Dr. H. Dierschke und Prof. Dr. E. Oberdorfer verteilt – abgedruckt. Ernst und kabarettistisch – also wieder mal stilverletzend – geht H. Lührs in seiner einleitenden Lesehilfe zu den Beiträgen auf dieses Denkmal ein.
Nun, E.J. Klauck legt systematisch wohl begründet und vegetations-/landschaftskundlich verstehend interpretiert den Vorschlag für die Klasse der Mädesüßfluren -Lythro salicarii-Filipenduletea ulmariae Klauck 1993 – vor. Lange, mindestens seit 1968/69 bedacht und immer wieder überlegt, führt der Autor den Nachweis, daß die hygrophilen Säume (Passarge, H.) ein Randphänomen ehemaliger Flächengesellschaften darstellen. Den Beweis dafür liefern die Versaumungen der Filipendulionbrachen, die aus anderen ökonomischen Gründen kurzzeitig vorführen, was vor der Zurückdrängung auf die Säume über lange Zeit stabiler Bestand der Landnutzung war: Streuwiesen.
H. Lührs kommentiert diesen Sonderfall über ‚die Vegetation als Indiz der Wirtschaftsgeschichte‘. Dabei erläutert er – gleichzeitig die Disziplingeschichte der Pflanzensoziologie und der Vegetationskunde resümierend – was aus der Vegetation kundig interpretiert über den Verlauf der Wirtschaftsweise verstanden werden kann. Das ist allerdings nur möglich, wenn die Pflanzensoziologie als Hilfsmittel der (abstrakten) Abbildung des Gegenstandes und Mittel des synthetischen Vergleichs genommen wird, statt orthodox und normativ selbst zur ‚Natur‘ erklärt zu werden. In der Dissertation des Autors, die im Notizbuch 32 erschienen ist, ist diese Beweisführung am Beispiel von ‚Grünland‘ und ‚Grasland‘ ausführlich dargelegt.
A. W. Horst und K. H. Hülbusch legen die ‚methodenkritische‘ Überarbeitung einer grünlandsoziologischen Diplomarbeit aus Göttingen vor. Der Behauptung, daß grünlandsoziologische Untersuchungen ohne die Befragung der Bewirtschafter unmöglich seien, läßt der Autor eine Ordnung der Tabelle nach Befragungsergebnissen folgen. Dagegen weist die soziologische Gliederung der Aufnahmen, die mühselig im nachhinein erstellt wurde, sehr schöne Differenzierungen der Gesellschaften auf. Sie stimmt statistisch mit den Angaben der Bewirtschafter sehr viel plausibler überein und übertrifft die Logik der Konstruktion. Nun was kommt heraus?: ganz schlicht ein Stickstoff-Düngegradient, der gleichzeitig die ‚vorgeleistete Arbeit (R. Tüxen) der Pflanzensoziologie und der Vegetationskunde wieder brauchbar macht.
Heike Lechenmayr weist in ihrem Beitrag auf die Analogie zwischen Queckengrasland und städtischen Rasen hin. Die Pflegeextensivierung, unter dem Stichwort ‚Ökologie‘ verkauft, hat die Scherweiden (Festuco-Crepidetum) in Queckenintensivbrachen verwandelt. Wer hätte schon erwartet, daß so gegensätzliche Absichten wie Grünlandintensivierung und Scherweidenextensivierung pflanzensoziologisch und vegetationskundlich zu analogen Ergebnissen führen. Und das ganz ohne Befragung.
H. Lührs fügt mit dem Erodio-Senecionetum vernalis Lührs 1993 die Neubeschreibung einer Assoziation mit Autobahnverbreitung (im Oberrheintal) und Herkunft auf subkontinentalen Brachäckern bei. Eine Gesellschaft, der bisher geflissentlich aus dem ‚Wege gegangen wurde‘ – wie die Übersichtstabelle des Spergulo-Erodion erweist.
Neue Gesellschaften zu beschreiben ist eine durchaus anstrengende aber auch vergnügliche Arbeit. Sie setzt voraus, daß der/die BearbeiterIn auch Sorgfalt gelten läßt. Das kann für die von Gödde (1987) neu beschriebene Assoziation des ‚Spergulo Herniarietum‘ leider nicht gelten. K. H. Hülbusch holt die Tabellenvergleiche nach und kann beweisen, daß das ‚Neue‘ schon längst bekannt ist. Das ist, selbst wenn es ohne Absicht geschieht, eine unnötige Verwirrung des lieben Publikums.
Diese betreibt absichtsvoll D. Meermeier mit einer Tabelle von AckerBrachegesellschaften. Die Tabelle, schön gegliedert und differenziert, läßt sich dem bekannten Wissen folgend hinsichtlich der Intensität der Vornutzung prima interpretieren. Und dann klärt der Autor auf und weist darauf hin, daß alle Aufnahmen auf einem Acker gesammelt wurden. Was nur den Schluß zuläßt, daß die soziologische Differenzierung in diesen Fällen nicht wirtschaftsbedingt, sondern standorts- / substratabhängig zu verstehen ist. Also wieder einmal ein Beispiel für den Wechsel der Interpretation zwischen analogen und homologen Bedingungen. Dazu ist immer noch Thienemanns ‚Leben und Umwelt‘ ein vorzüglicher Führer.
Wie angekündigt ist das Notizbuch 31 mit vegetationskundlichen Beiträgen gefüllt, in denen die Pflanzensoziologie ein kluges Mittel der Abbildung und Beschreibung, des Vergleichs und der Typisierung und nicht des normativen Beweises ist.

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Notizbuch 20

Bilder und Berichte – Lernen und Lehren. Ein ‚Stück Landschaft‘: sehen, verstehen, abbilden, beschreiben, z.B. Miltenberg/Main
AutorInnenkollektiv
(1991) DIN A 5, 126 S. mit 8 Farbs. (208g) (5,00 Euro)

Vom 15. Kompaktseminar sind Texte der Nachbereitung ausgewählt worden, um sowohl die Arbeitsweise wie die Arbeitsergebnisse darzustellen. Neben ausführlichen Texten zur Lehr- und Lernerfahrungen und der ‚Muttheorie‘ (Pirsig, R.M.) für ein ertragreiches Kompaktseminar, werden beispielhaft die Ergebnisse pflanzensoziologischer Vegetationsabbildungen (Tabellen, Vegetationskarten), vegetationskundlicher Deutungen (Interpretationen) und landschafts-/freiraumplanerischer Verständigung über den ‚Ort‘, seine ‚Geschichte‘ und ‚Veränderungen‘ (Planung) vorgestellt. Auszüge aus dem Abschlußkabarett und farbige Abbildungen der Tableaus einer Speisenkarte sind zur Vervollständigung beigefügt.

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Notizbuch 18

Hard-Ware. Texte von Gerhard Hard
Hard G.
(1990) DIN A 5, 368 S. (474g) (12,25 Euro)

In diesem Sammelband sind sonst weit verstreute und manchmal schwer erreichbare Texte von Gerhard Hard gesammelt und mit einer Vorbemerkung des Autors zur ‚Disziplinbegegnung‘ – Vegetationsgeographie und Freiraum-/Landschaftsplanung eingeführt. Die Auswahl umfaßt Beiträge zu Studium und Lehre in weichen Disziplinen, Darstellungen zur spontanen Vegetation der Stadt und ihrer Wahrnehmung und Abbildungsqualität, kritische Analysen der verheimlichten Motive des Grünplaner-Grüns und die an Vorbildern belegten Gegenpositionen der Freiraumplanung. Und nicht fehlen darf der Beitrag – Baumchirurgie als Baumzerstörung – auf den Spuren eines lukrativen Unsinns‘ der einen vehementen Proteststurm der Gilde der ‚Baumchirugen‘ hervorrief. Eine Sammlung anregender und brillanter Texte.

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Notizbuch 11

Die Vegetation der Stadt – ein freiraumplanerisch wertender Literaturführer
Sauerwein B.
(1989) DIN A 5, 88 S. (126g) (5,00 Euro)

Aller Verlautbarungen, Propaganda und Sprüche der Profession zum Trotz ist immer noch die Arbeit konstitutiv für das, was wir die Landschaft der Stadt nennen. Die Arbeit von Bernd Sauerwein faßt gut 15 Jahre vegetationskundlicher Erfahrungen mit der Stadtvegetation und ihrer sozialen Bedeutungen pointiert, facettenreich und streitbar geschrieben zusammen, gegen den biotopistischen Muff der Grünplanung oder postmodernen Ästhetisierens, die mit ständig neuen Erfindungen Schrecken und Bedürftigkeit vergrößern. Neben einer kritisch reflektierten Geschichte vegetationskundlich lernender Freiraumplanung ist ein Literaturführer entstanden, der fürs Thema wichtige Beiträge zugänglich und nachvollziehbar macht.

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