Notizbuch 35

SchauDerGärten – Nachlese zur Gartenschaukritik
H. Böse-Vetter u. K. H. Hülbusch (Red.)
(1995) DIN A5. 324 S. (436g) (12,25 Euro)

In einer Nachlese zur Gartenschaudebatte wollen wir mit vielen veröffentlichten Arbeiten (auch Kurzfassungen) zu Kassel und Frankfurt sowie einigen unveröffentlichten Arbeiten zu Berlin (Neumanns Pflegeplan) zu Fulda (Landesgartenschau – hier Werbeauftrag), zu den Rechtfertigungen (Grebe, Chevallerie u.a.) sowie einer kommentierenden Einschätzung letztmalig auf den berufspolitischen ‚Propaganda- und Vertuschungsfeldzug‘ eingehen und uns davon beschäftigen lassen. Wir brauchen den Rückbauschwachsinn a la Frankfurt weder bezahlen noch vertreten – und verdienen wollen wir daran auch nichts.
Manches muß auch zum Abschluß gebracht werden. Dazu gehören die Gartenschauen, die jetzt mit den Landesgartenschauen wie eine Epidemie das Land überziehen. Kassel mit einer Zustandsprüfung und einem Verheißungsvergleich (1981-1988) macht den Anfang. Frankfurt, eine Zusammenfassung der Untersuchung von 1981, die aufgeregten Beschimpfungen der Verbände und zwei nachlesende Beiträge zum Gartenschaujahr 1989 folgen. Berlin (1985) wird am Pflegeplan und den Vorwandswechseln der professionellen Schönredner aufgespießt. Die Landesgartenschauen werden dem Prinzip nach geprüft. Ein einleitender Text zum Hafenpark Saarbrücken und ein abschließender Text zur ‚Biotopgestaltung‘ zeichnen die Gartenschau als Leitbild der Grünplanung nach. Ein Vorbild zur Pathogenese der Grünplanung weist auf die gut zweihundertjährige Absicht der grünplanerischen Nutzlosigkeit hin.

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Notizbuch 34

Pflegefälle
Mit Beiträgen von H. Bäuerle, H. Mang, W. Ring, B. Stapel. und H. Troll; B. Schürmeyer; K. H. Hülbusch, J. Koch und H. Kreikenbaum.
(1995) DIN A 5 / 216 S. 1 Tabelle. (298g) (9,00 Euro)

Die einleitenden Beiträge verhandeln einen Text zu einem IBA-Streitbuch, der den Auftraggebern dann doch zu streitbar war und deshalb in den Status eines persönlichen Angriffs erhoben wurde, sowie eine Betrachtung des Dorfrandes nach landschaftsplanerischer Manier kriisiert und richtig gestellt nach den Prinzipien der sozialen Ausbildung von Rändern, und eine Prüfung der ‚frauenspezifischen Planung‘ auf Indizien des klassischen Entwurfs mit emanzipatorischem Etikett.
Die Pflegefälle sind an zwei Beispielen verhandelt. Ein Gutachten für das Reinigungsamt der Stadt Kassel – ein Pendant zum Notizbuch 17 / ‚Pflege ohne Hacke und Herbizid‘ für das Gartenamt der Stadt Kassel – untersucht die Voraussetzungen und Folgen für die Pflege ‚vegetationsfähiger Straßenfreiräume‘. Neben praktischen Handreichungen für die Arbeit der Straßenpflege, die zur Vermeidung unnötigen Aufwandes leicht zu übertragende und zu lernende Hinweise zum Vegetationshandwerk (s. Auerswald, B. Notizbuch 29) vermittelt und den Straßenreiniger in den Stand des Vegetationskundlers setzt, werden die vielen Fälle aufgeführt, bei denen die Herstellung die Folgen für die Pflege unberücksichtigt läßt. Darin ist auch die Aufforderung enthalten, daß die Stadtreinigung ihren Einfluß auf die Herstellung der Straßenfreiräume geltend machen muß, damit die Arbeit nicht überhand nimmt und trotzdem immer erfolglos bleibt.
Heike Lechenmayr stellt die Folgen der Verwahrlosung bzw. ‚Ruderalisierung‘ der städtischen Scherweiden durch eine schematisch reduzierte Pflege dar. Pflanzensoziologisch ist dieses Phänomen in Kassel zunächst im Vergleich zwischen den Scherweiden-Aufnahmen von Kienast (1978) und den heutigen Quecken-Scherweiden­Brachen zu beweisen. Mit Verweis auf die ältere Literatur bis hin zu Pückler-Muskau kann die Autorin vegetationskundlich stichhaltig begründen, daß in diesem Wandel die Zerstörung der Gebrauchsqualität und der gärtnerischen Handwerkskenntnis gleichzeitig zum Ausdruck kommt.
Die Brauchbarkeitspflege ist eine notwendige Arbeit, ohne die kein Gebrauch auf Dauer möglich ist. Aus der Pflege werden Fälle hergestellt, wenn sowohl die Herstellung der Gebrauchsgegenstände wie die Pflege außerhalb der bekannten und bewährten Bedingungen des Gebrauchs entworfen wird, statt darauf hin bedacht zu werden.

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Notizbuch 33

Vom Regen in die Traufe
H. Böse-Vetter (Red.), mit Beiträgen von K. H. Hülbusch u. H. Lührs; B. Schwarze; K. Protze; K. H. Hülbusch, J. Knittel u. A. Wegmann sowie H. Lechenmayr.
(1994) DIN A5.316 S. (426g) (12,25 Euro)

Dieses Notizbuch ist fast eine Bremensie. Den Titel lieferte in übertragenem Sinne das Gutachten für den Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung (Bremen) zur ‚Verwendung des Niederschlagswassers in der Stadt‘. Dieser modische Auftrag, so erwartet der Auftraggeber, gehört zum jüngsten Kapitel der Geschichte des Wassers in der Stadt, die A. Corbin so treffend nachgezeichnet hat. Der ‚Entwässerung‘ der Stadt soll nun die ‚Bewässerung‘ folgen, um auch an dieser Stelle den administrativen Zugriff auf private Entscheidungen zu erhöhen und darüber gleichzeitig eine weitere Zentralisierung des Wohnungsbaus sowie Enteignung des Gebrauchs städtischer Freiräume durchzusetzen (s. Veröffentlichungen 1992/93 in Gartenamt und Garten + Landschaft). Tümpel, Versickerung, Entsiegelung schweben unter der Fahne ‚Ökologie‘ daher und verkünden wieder einmal die Mähr von der demonstrativen Verschwendung als Leitbild der Grüngestaltung.
Dagegen geht das Gutachten auf den praktischen Gebrauch des Niederschlagswassers ein und untersucht am Beispiel charakteristischer Siedlungstypen und zugehöriger Bauformen – ‚Vom Reihenhaus zur Mietskaserne‘ – die Gebrauchsmöglichkeiten des Niederschlagswassers bei minimalem Installationsaufwand zum Hinweis auf die Möglichkeiten der Wassersparsamkeit bis hin zu den Sparmöglichkeiten bei Kanalisationen und Wasserklärung. Ein aufregender Beitrag, der vom Beispiel vorhandener Siedlungs- und Bauformen auf die Planung angewandt werden kann, wenn die Überlegungen und Vorschläge vom Straßen- bis hin zum Hausbau, von der Kanalisation bis zum Klärwerk, von der Mischkanalisation bis zur Trennkanalisation nach den Kosten nicht für die ‚Natur‘ sondern für den einzelnen Haushalt von der Familie bis zur Kommune auf Sparsamkeit überprüft werden. Bürokratische Übertreibungen nach denen jetzt in Bremen Straßen nur noch nach der Versickerung und ohne Freiraumplanung (Morphologie und Zonierung) durchgesetzt werden sollen, gieren nach der Entsiegelungsmode und haben das Gutachten mal wieder nicht verstanden. Der Senator hat nach anfänglichem heftigem Widerstand den Gedanken übernommen und inzwischen immerhin 500 Sonderdrucke der Arbeit aus dem Notizbuch bestellt.
Bernd Schürmeyers Beitrag stellt zusammenfassend ein Gutachten vor, in dem der Unsinn des Biomüllkompost-Transports nach Schmeiskys Witzenhäuser ‚Zentralisierungsmodell‘ auf dem platten Land geprüft wird. Auch hier begegnen wir einer Mode, die aus dem Widerspruch gegen die Verschwendung und die Reichtumsplakette ‚Menge‘ eine technisch-bürokratische Vorwandlösung auf den Schild hebt. Die Ablehnung zum Druck dieses Beitrags vom Gartenamt bis zur Alternativen Kommunalpolitik (in Faksimile beigefügt) sind der Ausweis für den bürokratischen Totalitarismus.
Das Gutachten zur Freiraumplanung der Universität Bremen von 1973 landete damals in der untersten Schublade des zuständigen Schreibtischs, von dem der Schlüssel dann weggeworfen wurde. Es ist einerseits ein Zeitdokument und andererseits ein Dokument für die Plausibilität der planerischen Prognose und die administrative wie politische Unfähigkeit, einen Gedanken gegen die Mode zu prüfen. In diesem Gutachten sind auch viele Fundstellen für Überlegungen enthalten, die später dann sorgfältig und ausführlich mit vielen Einsichten erweitert formuliert wurden und in den Notizbüchern immer weiter verfertigt vorgestellt werden. Eine Reminiszenz zu diesem Gutachten – 20 Jahre später von K.H. Hülbusch zeichnet die Auftragssituation nach und beschreibt das tatsächlich realisierte Dilemma der ‚realisierten‘ Entwürfe, zu denen fast täglich neue bahnbrechende Therapien propagiert werden; so ein Stückchen Planungskriminalistik nach der Prognose des Mordes – die Täter sind beliebig und allseits anerkannt.

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Notizbuch 32

Die Vegetation als Indiz der Wirtschaftsgeschichte – oder Von Omas Wiese zum Quecken-Grasland – und zurück?
H. Lührs
(1994) DIN A 5 / 210 S. + Tabellenbändchen. (396g) (9,00 Euro)

1985, im 1. Notizbuch der Kasseler Schule, ist das 3. Notizbuch folgendermaßen angekündigt: ‚Von Opas Wiese zum Queckengrünland und zurück – Die Entwicklung des Wirtschaftsgrünlandes und die Möglichkeiten der qualitativen Regeneration‘. Was damals so kurz vor der Fertigstellung und weitgehend geklärt schien, erwies sich bei näherem Hinsehen und in der Durchführung doch anspruchsvoller und langwieriger. Es waren nicht nur noch die eine oder andere Arbeit erforderlich, um das moderne Gras-Acker-Land abzubilden. Wichtiger war es, über das Pänomen hinaus, für den Vorgang und den Kontext das Verständnis und die Begriffe zu formulieren, damit „am Beispiel des Wirtschaftsgrünlandes und der GrasAckerBrachen die Vegetation als Indiz der Wirtschaftsgeschichte“ erzählt werden kann.
In seiner Dissertation stellt H. Lührs zunächst eine stark synthetisierte Übersicht der Naturausstattung der Gras-Futterflächen für Paarhufer-Wiederkäuer vom Nardo-Galion bis zum Agropyro-Rumicion mit einer ausführlichen Erörterung der Verbände und ihrer verbreiteten (wichtigen) Assoziationen in den Vordergrund. Dieser empirische Beweis des Gegenstandes, über den Aussagen gemacht werden sollen – so unerläßlich er ist, weil damit eine chronologische und chorologische ‚Gebietsmonographie‘ vorgestellt wird – dient der Nachzeichnung des Industrialisierungsvorgangs in der Futtererzeugung. Mit jeder Modernisierung wird das Wissen der Bauern zerstört (s. Berger J., Imfeld A., Mandel E., Benholdt-Thomsen V., Gronemeyer M., Groeneveld S. u.a.) und die Abhängigkeit erhöht. Die Klärung der Rolle der ‚Wissenschaften‘ bei der Durchsetzung der Industrialisierung führt zur Darlegung einer Wissenschafts- und Disziplingeschichte der Grünlandforschung, der Pflanzensoziologie und der Landschaftspflege, der die Aufmerksamkeit der Vegetationskunde und der Landschaftsplanung gegenübergestellt wird. Der wissens- und methoden-(wissenschafts)-theoretische Teil der Arbeit, der die Einsichten ermöglicht und begründet, hält eine exzellente Diskussion und Reflexion zur ‚Logik wissenschaftlicher Arbeit‘ in der Landschaftsplanung (i. e. S.) bereit.
Zur Warnung sei hinzugefügt, daß Naturschützer und Biotopisten sich den Erwerb dieser preiswerten Veröffentlichung sparen sollten, weil der Faktenpositivismus nur kritisiert vorkommt – wie denn auch wissenschaftsdesignte Technikmätzchen vollkommen fehlen. Für alle, die etwas übers Grünland – von der Hute bis zu wirtschaftsbedingten Flutrasen – verstehen wollen, sich auch auf literarische Funde, Kenntnisse, ‚politische‘ Einsichten und eine spannende Nachdenk-Literatur einlassen wollen, sei dieses Notizbuch nachdrücklich empfohlen.

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Notizbuch 31

Pater Rourke’s semiotisches Viereck. Acht vegetationskundliche Beiträge zur Landschaftsplanung
H. Lührs (Red.)
(1993) DIN A 5 / 220 S. (314g) (9,00 Euro)

Die Pflanzensoziologie ist mit den Aufträgen der Naturschutzadministration ins Fahrwasser floristisch-ökologischer Kurzatmigkeit manövriert worden. Die ehemals offen und relativ unzensierten Periodika für die Veröffentlichung pflanzensoziologischer und vegetationskundlicher Arbeiten werden heutzutage im Sinne von Hofberichten und Werbeschriften redigiert und eingesetzt. Bei der Zurückweisung von Beiträgen wird nach altbekannter Manier i.d.R. der Stil – was immer das sei – zum Vorwand genommen. Zum Beweis haben wir ein Schreiben von D. Kornek (Bundesamt f. Naturschutz und Landschaftsökologie) an E.J. Klauck – nachrichtlich an Prof. Dr. H. Dierschke und Prof. Dr. E. Oberdorfer verteilt – abgedruckt. Ernst und kabarettistisch – also wieder mal stilverletzend – geht H. Lührs in seiner einleitenden Lesehilfe zu den Beiträgen auf dieses Denkmal ein.
Nun, E.J. Klauck legt systematisch wohl begründet und vegetations-/landschaftskundlich verstehend interpretiert den Vorschlag für die Klasse der Mädesüßfluren -Lythro salicarii-Filipenduletea ulmariae Klauck 1993 – vor. Lange, mindestens seit 1968/69 bedacht und immer wieder überlegt, führt der Autor den Nachweis, daß die hygrophilen Säume (Passarge, H.) ein Randphänomen ehemaliger Flächengesellschaften darstellen. Den Beweis dafür liefern die Versaumungen der Filipendulionbrachen, die aus anderen ökonomischen Gründen kurzzeitig vorführen, was vor der Zurückdrängung auf die Säume über lange Zeit stabiler Bestand der Landnutzung war: Streuwiesen.
H. Lührs kommentiert diesen Sonderfall über ‚die Vegetation als Indiz der Wirtschaftsgeschichte‘. Dabei erläutert er – gleichzeitig die Disziplingeschichte der Pflanzensoziologie und der Vegetationskunde resümierend – was aus der Vegetation kundig interpretiert über den Verlauf der Wirtschaftsweise verstanden werden kann. Das ist allerdings nur möglich, wenn die Pflanzensoziologie als Hilfsmittel der (abstrakten) Abbildung des Gegenstandes und Mittel des synthetischen Vergleichs genommen wird, statt orthodox und normativ selbst zur ‚Natur‘ erklärt zu werden. In der Dissertation des Autors, die im Notizbuch 32 erschienen ist, ist diese Beweisführung am Beispiel von ‚Grünland‘ und ‚Grasland‘ ausführlich dargelegt.
A. W. Horst und K. H. Hülbusch legen die ‚methodenkritische‘ Überarbeitung einer grünlandsoziologischen Diplomarbeit aus Göttingen vor. Der Behauptung, daß grünlandsoziologische Untersuchungen ohne die Befragung der Bewirtschafter unmöglich seien, läßt der Autor eine Ordnung der Tabelle nach Befragungsergebnissen folgen. Dagegen weist die soziologische Gliederung der Aufnahmen, die mühselig im nachhinein erstellt wurde, sehr schöne Differenzierungen der Gesellschaften auf. Sie stimmt statistisch mit den Angaben der Bewirtschafter sehr viel plausibler überein und übertrifft die Logik der Konstruktion. Nun was kommt heraus?: ganz schlicht ein Stickstoff-Düngegradient, der gleichzeitig die ‚vorgeleistete Arbeit (R. Tüxen) der Pflanzensoziologie und der Vegetationskunde wieder brauchbar macht.
Heike Lechenmayr weist in ihrem Beitrag auf die Analogie zwischen Queckengrasland und städtischen Rasen hin. Die Pflegeextensivierung, unter dem Stichwort ‚Ökologie‘ verkauft, hat die Scherweiden (Festuco-Crepidetum) in Queckenintensivbrachen verwandelt. Wer hätte schon erwartet, daß so gegensätzliche Absichten wie Grünlandintensivierung und Scherweidenextensivierung pflanzensoziologisch und vegetationskundlich zu analogen Ergebnissen führen. Und das ganz ohne Befragung.
H. Lührs fügt mit dem Erodio-Senecionetum vernalis Lührs 1993 die Neubeschreibung einer Assoziation mit Autobahnverbreitung (im Oberrheintal) und Herkunft auf subkontinentalen Brachäckern bei. Eine Gesellschaft, der bisher geflissentlich aus dem ‚Wege gegangen wurde‘ – wie die Übersichtstabelle des Spergulo-Erodion erweist.
Neue Gesellschaften zu beschreiben ist eine durchaus anstrengende aber auch vergnügliche Arbeit. Sie setzt voraus, daß der/die BearbeiterIn auch Sorgfalt gelten läßt. Das kann für die von Gödde (1987) neu beschriebene Assoziation des ‚Spergulo Herniarietum‘ leider nicht gelten. K. H. Hülbusch holt die Tabellenvergleiche nach und kann beweisen, daß das ‚Neue‘ schon längst bekannt ist. Das ist, selbst wenn es ohne Absicht geschieht, eine unnötige Verwirrung des lieben Publikums.
Diese betreibt absichtsvoll D. Meermeier mit einer Tabelle von AckerBrachegesellschaften. Die Tabelle, schön gegliedert und differenziert, läßt sich dem bekannten Wissen folgend hinsichtlich der Intensität der Vornutzung prima interpretieren. Und dann klärt der Autor auf und weist darauf hin, daß alle Aufnahmen auf einem Acker gesammelt wurden. Was nur den Schluß zuläßt, daß die soziologische Differenzierung in diesen Fällen nicht wirtschaftsbedingt, sondern standorts- / substratabhängig zu verstehen ist. Also wieder einmal ein Beispiel für den Wechsel der Interpretation zwischen analogen und homologen Bedingungen. Dazu ist immer noch Thienemanns ‚Leben und Umwelt‘ ein vorzüglicher Führer.
Wie angekündigt ist das Notizbuch 31 mit vegetationskundlichen Beiträgen gefüllt, in denen die Pflanzensoziologie ein kluges Mittel der Abbildung und Beschreibung, des Vergleichs und der Typisierung und nicht des normativen Beweises ist.

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Notizbuch 30

Prüfungsreden ’91/92
Kurowski, M. (Red.)
(1993) DIN A 5, 236 S. (326g) (9,00 Euro)

Wie im Notizbuch 21 sind hier wieder einige der spannenden Prüfungsreden und Debatten aufbereitet (redigiert) zusammengefaßt. Ein Grund für die ‚Prüfungsreden‘ besteht darin, die enthaltene Arbeit für das Lernen und die Lehre zu archivieren. Denn sonst sagt immer mal jemand: ‘Da müßte es doch was geben, da hat doch ‚die‘ oder ‚der‘ eine prima Prüfung darüber gemacht’!

Notizbuch 29

Gut gesät!
Mit Beiträgen von B. Auerswald, K. H. Hülbusch,H. Lechenmayr, B. Sauerwein und R. Zollinger
(1993) DIN A 5, 218 S. mit 2 farbigen Tabellen als Anlage (DIN A3). (298g) (9,00 Euro)

Den handwerklichen Fertigkeiten haben wir immer schon viel Aufmerksamkeit gewidmet. In diesem Notizbuch wird ein Aufsatz von K.H. Hülbusch – die einfachsten Regeln zum Krautern mit Unkraut (Das Gartenamt 1987) – drei Beträge von Birgit Auerswald – Pflege der Hochschul-Freiräume am Holländischen Platz/Erfahrungen der Gärtnerin/eine Reisebeschreibung über die Freiräume und die Vegetation am Holländischen Platz (Garten und Landschaft 1987) von Bernd Sauerwein und eine Prüfung der Lagerfähigkeit von Wildkraut-Saatgut von Heike Lechenmayr veröffentlicht. Die umfangreichste Arbeit schrieb Robert Zollinger. In ‚Sät Freiräume‘ faßt er die freiraumplanerischen und handwerklichen Prämissen des ‚Krauterns mit Unkraut‘ zusammen, kritisiert mit vielen Beispielen die marktkonforme ‚Blumenwiesen – und Biotop-Mode‘ und führt im Hauptteil induktiv nach Oberdorfers ‚Süddeutschen Pflanzengesellschaften‘ (II. Auflage) die vegetationskundlich-handwerkliche Zusammenstellung von Saatgutmischungen aus. In einem weiteren Beitrag vergleicht er die Wildkrautsaatgutmischungen des Marktes nach den Zufällen der Zusammensetzung und den Preisen.
Nach den Notizbüchern 2, 3 und 7 in denen Erfahrungen, Kenntnisse und handwerklich – planerische Verfahren für den gärtnerischen Einsatz der spontanen Vegetation zusammengetragen und gesammelt sind, werden in diesem Notizbuch weitere Ergebnisse und Beobachtungen mitgeteilt: Ansaat- Auflaufbeobachtungen, Keimfähigkeit älteren Saatguts, weitere Korn/Gramm-Gewichte, ‚Regeln zum Krautern mit Unkraut‘, Erprobung im Gebrauch, ausführliche Darlegung der pflanzensoziologisch vegetationskundlichen Zusammenstellung von Ansaatmischungen. Eine Kartierung des Vegetationswandels von Ansaatmischungen folgt später.

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Notizbuch 28

Die ‚Freie Landschaft‘?
Mit Beiträgen von: B. Schürmeyer und Ch. A. Vetter sowie von H. Boss, H. u.a.
(1993) DIN A 5, ca. 150 S.(248g) (5,00 Euro)

Ch. A. Vetter und B. Schürmeyer: Die Naturgärtnerei. Die Protagonisten der ‚Naturgärtnerei‘ werden in dieser Arbeit auf ihre professionspolitische Verwertbarkeit und die antiprofessionelle Nutzerorientierung geprüft. Es kommt dabei heraus, daß die Kritik der Naturgärtnerei an der Grünplanung leicht wieder in Grünplanung und Gartenarchitektur umgemünzt werden kann und den Anlaß der Kritik, die mangelnde Brauchbarkeit, mit dem Fetisch ‚Natürlichkeit‘ wieder professionell vereinahmt werden kann.
Ch. A. Vetter und B. Schürmeyer: Die Landschaftsgärtnerei – Eine Analyse der Herstellungsprinzipien des Landschaftsgartens und ihre Anwendung in der Parkpflege. Die Herstellungsprinzipien des Landschaftsgartens verbieten eine ’naturgetreue‘ Regeneration nach dem Plan. Dies ist für den Barockgarten vielleicht denkbar, für den Landschaftsgarten jedoch ausgeschlossen, weil der Optimalzustand durch Pflege und kontinuierliche Eingriffe hergestellt und stabilisiert wird. Mit dem Optimalzustand beginnt der Neuaufbau der Szenen. Und diese müssen dann ‚wandern‘: die Szene ist wichtig – nicht der genaue Ort, oder der Plan. Die Analysen und Thesen werden am Beispiel des Gesundbrunnenparks Hofgeismar praktisch ‘entworfen’.
Hans Boss nimmt die eilige und vordergründige Faschismusdiskussion auf, die nach einer Art später Entnazifizierung versandet ist. Er stellt dar, daß die Verengung der Debatte auf die Verfehlungen einzelner Personen eine Ablenkung darstellt. Damit wird außerhalb politischer Stellungnahmen und Optionen einzelner Personen die Ingenieurtätigkeit entpolitisiert und legitimiert.

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Notizbuch 27

Vom Straßenrand zur Bordüre
Mit Beiträgen von H. Grundler und H. Lührs, Th. Lucks, D. Meermeier (Red.: H. Lührs,H.)
(1993) DIN A 5, ca. 340 S. (422g) (12,25 Euro)

Anfangs der 80er lamentierten die Gartenämter über das ‚urbane Unkraut‘ – Cotoneaster u.a. im Straßenbegleitgrün. Die verheißene ‚Pflegeleichtigkeit‘ war mal wieder daneben gegangen. Z.Z. wird eine Mode aus den 50ern mit Stauden mal wieder aufgelegt (Ehsen/Osnabrück). Hubert Grundler und Helmut Lührs, der auch Kürzung und Redaktion durchführte, haben das Ausmaß und die versteckten Wertschätzungen der Entwerferinnen und Pflegeabteilungen für Kassel aufbereitet.
Theresia Lucks zeichnet die Zerstörung der Straßenfreiräume und den modischen Wechsel der Verkehrsberuhigung in Bremen nach. Obwohl alles ganz zufällig ist, läßt sich auch eine geheime Systematik erkennen, die die städtebaulichen ‚Leitbilder‘ wiedergibt.
Dieter Meermeier hat die ‚Versaumung der Straßenränder‘, die nach Aufgabe der ‚Grünland-Nutzung‘, der Herbizidung und der Mulchmahden der letzten zehn Jahre stattgefunden hat, pflanzensoziologisch belegt und vegetationsdynamisch interpretiert. Die biologistische Eroberung der Straßenränder durch absurde, arbeits-, material- und energieverschwendende Biotop-Pflegepläne als letzte Erfindung, wird an Beispielen und akademischen ‚Gewährs‘-texten kritisch diskutiert. Dieses neue ‚Straßenbegleitgrün‘ besticht durch die ideologische Übereinstimmung mit den Vorwänden für das Straßenbegleitgrün in allen Varianten und zur Verkehrsberuhigung.

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Notizbuch 26

Reise oder Tour?
Appel, A., R. Mehli & W. Scheidel
(1992) DIN A 5, 156 S. (212g) (7,25 Euro)

Die Reise begleitet den Fremden, der sich und seine Lerngeschichte, seine Kenntnisse und Erfahrungen mitnimmt. Der Tourist kann auch in der Fremde nicht zu Hause sein, weil er auch zu Hause kein Reisender, Erfahrender ist. Was das eine LandschaftsplanerIn angeht? Nun – wenn wir uns den Klischees, dem Gartenkunstnippes und dem Landschaftskitsch, den Leitbildern der Landespflege zuwenden, dann finden wir darin die Versatzstücke, mit denen Trivialromane und Touristikbranche die verehrte Kundschaft einpudern. Es ist bemerkenswert, mit welcher Ignoranz Leute, die die Alltagswelt anderer Leute über die materielle Ausstattung ihrer Lebensorte beeinflussen, einerseits die materielle Ausstattung und ihre realen Wirkungen an zufälligen ‚Experimenten‘ übersehen und gleichzeitig keinen blassen Schimmer vom Einfluß ihrer persönlichen Vorurteile, Gesellschaftsbilder und Wunschträume (incl. der Erfolgsvorstellungen) auf ihre berufliche Tätigkeit haben.
Andrea Appel (Reisen, ohne das Weite zu suchen) beschreibt die Voraussetzungen des Reisens, Umwege, Unwege, Fallgruben, die einen dann zur Tour verleiten. Bei der Tour gibt es, wenn überhaupt, nur die Überraschung, daß das Programm funktioniert: das berühmte A-ha. Dazwischen ‚tote Wartezeit‘. Kundigkeit wird vom Handel mit sogen. Erlebnissen und Devotionalien abgelöst.
Werner Scheidel zeigt uns an einem Dorf auf Tenerife, daß er, weil er den Pfarrer kannte, oft besucht, wie der Reisende durch aufmerksame Beobachtung ein Kundiger wird, der die Analogien zu seinen mitgebrachten Kenntnissen er-fährt. Genau das ist ‚Landschaftsplanung‘, die ernst und liebevoll genau versteht, ohne den Status des Fremden durch verlogene Nähe zu vertuschen.
Im Kontrastprogramm von Reto Mehli, der sich dem landespflegerischen Illusionismus widmet – eine Arbeit, die eine hohe Frustrationstoleranz erfordert -, werden wir mit allen verständnislos repetierten Klischees über ‚Schönheit‘, ‚Originalität‘, ‚Gleichgewicht‘, ‚Natur‘, ‚Harmonie‘, ‚Demokratie‘, ‚Zeitgeist‘, ‚Kunst‘ etc. konfrontiert. Der Autor hat für uns die mühevolle Arbeit übernommen, mal die geschwätzige Verlogenheit berufspolitischer Verlautbarungen zu prüfen, für die sich die DGGL zu ihrem ‚Festakt‘ (100 Jahre) 1987 von Herrn Prof. Dr. M. Rock folgendes Lob spenden ließ: „Diejenigen, die sich beruflich der Gartenkunst und Landschaftspflege widmen, erbringen originale ökologische Kreationen und sind die wahren ökologischen Animateure.“ Auch schlecht gebrüllt.

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